Mittwoch, 28. September 2011

Interview

(Das Interview mit mir habe ich am 22.9. am Thamalakane River aufgezeichnet)

Reisechronik: Du bist nun ziemlich genau 5 Monate im südlichen Afrika unterwegs. Noch nicht genug?

Peter: Für Dich mögen es 5 Monate gewesen sein, für mich waren es 5 gefühlte Wochen. Und nein, ich habe noch nicht genug und könnte locker nochmals 4 Wochen anhängen - gefühlt natürlich. Ich vermute aber, dass mein Arbeitgeber sowie mein Bankkonto ein paar Einwände hätten.


Reisechronik: Warum ist denn Reisen über eine solche Zeitspanne so wichtig?

Peter: Die Zeitspanne selbst ist völlig unwichtig. Irgendwer sagte mal: Wenn die Welt ein Buch wäre und man würde nicht reisen, dann hätte man höchstens eine Seite gelesen. Diese Analogie kann man auch weiterspannen: wäre die Welt ein Film, hätte man nur den Trailer gesehen, wäre sie eine Zeitung, würde man nur die Schlagzeile kennen. Mir ist nun mal eine Buchseite, die Schlagzeile oder ein Trailer zu weinig und ich sehe gerne mal über den Tellerrand hinaus und in die Stube anderer Leute auf anderen Kontinenten.

"Viele Leute denken, ich sei in Afrika aber die Wahrheit ist, Afrika ist in mir"


Reisechronik: Was war denn Dein erster Fusstritt in Afrika?

Peter: Das war 1999 in Kapstadt, wo ich erst eine Sprachschule besuchte und anschliessend durch Namibia, Botswana, Zimbabwe und Südafrika reiste, damals aber noch mit einem 1.4 Liter Ford, 2x4.


Reisechronik: Du bist also öfters in Afrika?

Peter: Ja, aber nicht jedes Jahr und meistens nur während meinen Jahres-Ferien. Viele Leute glauben jeweils, ich sei in Afrika, aber die Wahrheit ist, Afrika ist in mir. Ich bin zur Hälfte Schwarzafrikaner ;-)


Reisechronik: Was war Dein grösstes kulturelles Erlebnis auf dieser Reise?

Peter: Um nicht auf ein einzelnes, spezifisches Erlebnis eingehen zu müssen: die kollektive Freundlichkeit der Leute von Namibia über Botswana und Zambia bis Malawie und Moçambique sowie ihren gemeinsamen Sinn für Situationskomik. Es braucht nicht viel, um jemandem ein Lächeln zu entlocken.


Reisechronik: Was ist Dein Lieblingsort?

Peter: Schwer zu sagen .. vielleicht die Namib. In einer anderen Stimmung käme aber vermutlich ein anderer Ort – es gibt so viele.


Reisechronik: Du warst in über 20 Parks oder Reservaten. Welches ist das beste Wildreservat oder Park?

Peter: Diese Frage musste ja kommen … Nun, es lässt sich so nicht beantworten und kommt auf den Fragesteller an. Von Bedeutung für mich sind Kriterien wie Artenvielfalt, die Möglichkeit das Gebiet unabhängig und individuell bereisen zu können, die Szenerie und Landschaft und natürlich dass es noch bezahlbar ist.


Reisechronik: Trotzdem: gibt mal Deine Top Five?

Peter: Nun, der South Luangwa N.P. hatte mich komplett in den Bann gezogen. Es ist eine afrikanische Wildnis, wie man sich das vorstellt und erfüllt fast jedes Klischee. Mana Pools N.P. ist auch so ein wilder Fleck, wobei ich dies sicher nicht jedem zutrauen würde. Ich finde aber auch den Krüger ein toller Park, sowie den Etosha und den Kgalagadi N.P.


"Von der kollektiven Freundlichkeit der Leute im südlichen Afrika können wir etwas lernen"


Reisechronik: Ist denn der Krüger nicht einfach nur ein grosser Zoo?

Peter: Jetzt kommst Du auch noch mit diesem Blödsinn. Dieses Argument höre ich immer wieder. Nun, der Krüger ist tatsächlich vollgepackt mit Tieren aller Arten, aber er ist deswegen noch lange kein Zoo, wo man Tiere üblicherweise impft, füttert und versorgt. Der Krüger ist eine 42‘000 km2 grosse Wildnis und hat eben im Vergleich zu anderen Parks ein gut ausgebautes Wegenetz mit Teerstrassen, angenehme Camps mit Restaurants und Swimming-Pools. Es kann sein, dass man deswegen die Wildnis nicht gleich wahrnimmt wie in anderem Parks. Im Übrigen fügen dieses Argument oft Tourguides an oder solche, welche nicht eingezäunt campieren möchten. Mich nervt das Argument, zumal zwischen Letaba und Satara 60 Löwenrudel mit Durchschnittlich 12 Tieren leben. Sag mir ein anderer Park, wo Du so etwas findest.


Reisechronik: Die Wildreservate werben oft mit den sogenannten „Big Five“ (Anm. der Red: Elefant, Büffel, Nashorn, Löwe und Leopard). Was sind Deine „Fab Five“, also Deine fünf Favoriten?

Peter: Elefant, Leopard, Gepard, Wildhunde und das Chamäleon.


Reisechronik: Keine Happy Hippos?
Peter: Diese Bohnensäcke mit Stummelbeinen mag ich zwar auch noch, gehören aber nicht zu meinen Favoriten, nein, zumal sie mich in Zimbabwe attackierten.


Reisechronik: Welche Tiere hast Du noch nie gesehen und möchtest Du im südlichen Afrika noch sehen?

Peter: Ein Pangolin und ein Erdferkel. Ein Wildhüter sagte mir mal: Du siehst vorher 50 Leoparden als ein Erdferkel. Mittlerweile habe ich aber 20% eines Erdferkels erreicht ..


Reisechronik: Gibt es noch einen Flecken, den Du noch nicht besucht hast?

Peter: Oh ja, jede Menge: der Nordwesten in Namibia, den Ostteil des Kgalagadi Parks, die Zentralkalahari, Chobe und Moremi in Botswana und den Tuli-Block. Zudem würde ich gerne den Caprivi-Streifen etwas besser kennenlernen.


Reisechronik: Du hast die Reisezeit Unfall- und Pannenfrei überstanden. Irgendwelche negative Vorkommnisse?

Peter: Ja .. Stiche von Tse-Tse Fliegen. Da hatte ich plötzlich einen zweiten Ellbogen an einem Arm oder man hatte das Gefühl, es wächst ein zweiter Kopf aus dem Hals. Diese Stiche hatte ich nicht gut vertragen.


Reisechronik: Du hast während Deiner Reise die grossen Flüsse des südlichen Afrikas gesehen, den Limpopo, den Kawango, den Kafue, den Luangwa und Zambezi. Dein Favorit?

Peter: Der Zambezi nach dem Kariba Staudamm ist für mich der Fluss aller Flüsse.


Reisechronik: Was sind Deine bevorzugten Aktivitäten?

Peter: Hm .. in ungezäunten Wildreservaten zu campen ist natürlich immer etwas Spannendes. Tiere in ihrer natürlichen Umgebung zu beobachten könnte ich stundenlang, zudem fotografiere ich gerne, was mich interessiert. Das kann ein Hinweisschild sein oder auch nur den Hintern eines Elefanten.


Reisechronik: Was ist Dein „Afridisiaka“?

Peter: Was ist denn das für eine Frage?



"Den Sound des afrikanischen Busches werde ich vermissen"


Reisechronik: Zurück in der CH: was wirst Du vermissen?

Peter: Definitiv der Sound des Busches! Das Zirpen von Grillen, der Ruf der Eule, das Jaulen von Schakalen und Brüllen von Löwen, das Kreischen von Frankolinks im Morgengrauen, das Tröten von Elefanten und Grunzen der Hippos, das Rascheln in Büschen und Knacken von Ästen im faden Licht des Mondes.


Reisechronik: Gibt es Empfehlungen und Tipps, welche Du Erst-Besuchern mitgeben könntest?

Peter: Eine goldene Regel lautet: nimm Dir Zeit. Übernachte mindestens 2 x am gleichen Ort, denn die Distanzen sind manchmal enorm und es bringt wenig, wenn man abends ankommt und am nächsten Morgen bereits wieder weiter zieht. Die meisten Overlander machen es gerade umgekehrt und füllen ihre 2, 3 Wochen mit möglichst vielen Sehenswürdigkeiten, die fahren dann aber auch mal 900 km am Tag … Meiner Ansicht nach: weniger ist mehr. Versuche nicht halb Afrika in 3 Wochen zu sehen, sondern konzentriere Dich auf ein Gebiet und besuche das dafür ausführlich. Es braucht immer ein paar Tage, um den Spirit eines Gebietes aufnehmen zu können.

Als zweiten Punkt würde ich noch anfügen, dass Afrika nicht billig ist. Transport und Übernachtungen kosten doch einiges. Ein Trip sollte richtig budgetiert werden.


Reisechronik: Was würdest Du keinesfalls zu Hause lassen?

Peter: Meinen Bohnensack als Fensterstativ.


Reisechronik: Du hattest ein Dachzelt. Empfehlungen dazu?

Peter: Ja .. nimm keines! Es ist nervtötend, jedes Mal die Wohnung zusammen zu packen, wenn Du einen Meter fahren willst. Zudem ist es 10x teurer als ein Bodenzelt und viel zu schwer. Ich habe meist mein Bodenzelt benutzt und werde künftig nur noch ein Bodenzelt mit mir führen.


Reisechronik: Was war Dein Höhepunkt?

Peter: Ich schätze, das Schnüffeln der Hyäne am Zelt in Mana Pools und die Sonnenuntergänge im South Luangwa. Letzteres waren Erlebnisse, welche ich gerne mit jemandem geteilt hätte.


Reisechronik: Welches war die schönste Übernachtung?

Peter: Weisst Du, diese –STE Fragen lassen sich nicht wirklich beantworten. Ich erinnere mich an eine Nacht in Shingwedzi, wo von drei Seiten die Löwen brüllten. Das war schön. Oder die Morgenstimmung am Kafue River, wo die Nebelschwaden die Flussbänke umhüllten. Das war auch schön. Oder in der Kalahari, wo ich Minus-Temperaturen hatte. Das war auch schön, nämlich schön kalt.


Reisechronik: Was war die grösste Herausforderung?

Peter: Eigentlich ging alles ganz leicht … Ah nein .. die Besteigung des Mount Mulanje forderte mich schon etwas.


Reisechronik: Du hast ja ein Auto in Namibia gekauft. Machte es sich bezahlt?

Peter: Vom Bauchgefühl her schon, ja, aber die Endabrechnung kann ich erst in 4 oder 5 Jahren machen, wenn ich es wieder verkaufe.


Reisechronik: Du wirst also nochmals ein paar Reisen machen?

Peter: Ja, definitiv, aber natürlich nicht mehr so lange. Es werden dann meine Jahresferien sein und zwischen 2 und 4 Wochen dauern.


Reisechronik: Wo wird Dich die nächste Tour hinführen?

Peter: Ist noch unbestimmt .. lass mich doch erst mal heimkehren ;-) Allerdings werden mich die kommenden Touren dahin führen, wo ich noch nie war, also das Kaokoveld, den Ostteil der Kgalagadi, die Zentralkalahari und den Abschnitt zwischen Maun und Kasane. Und falls ein so harter Kerl wie ich mit einem zweiten Fahrzeug mitzieht, dann auch die Region um Tsumeb und den Kaudom.


Reisechronik: Danke für das Interview!

Peter: My pleasure.




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